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Personal/Hintergrund  

Gestatten, Joachim Car!

Im Porträt: Unterfrankens ehemaliger Bezirksvorsitzender sowie aktueller Verbandsfachwart Schiedsrichterlehrwesen

Im Porträt Joachim Car, Unterfrankens ehemaliger Bezirksvorsitzender, Bundeswehr-Offizier sowie aktueller Verbandsfachwart Schiedsrichterlehrwesen und Verbandsschiedsrichterobmann des BTTV

In unserer Ehrenamts-Reihe „Gestatten, …!“ sind wir bei Folge 6 angekommen. Diesmal stellen wir einen waschechten Unterfranken vor, der im Ehrenamt für den bayerischen Tischtennis-Sport schon seit mehreren Jahrzehnten Verantwortung übernimmt. Einer, der sich auch Dienste und Pflichten „antut“, die nur selten Lorbeeren einbringen, u.a. weil ihre Wichtigkeit gemeinhin nur dann auffällt, wenn das Ergebnis nicht den selbstverständlichen Erwartungen entspricht. Geboren und aufgewachsen ist er in Wörth am Main im Landkreis Miltenberg. Heute lebt der inzwischen 63-Jährige in der knapp 2000-Seelengemeinde Fuchsstadt im Landkreis Bad Kissingen. Die Rede ist von Unterfrankens langjährigem Bezirksvorsitzenden (2000 bis 2018), dem heutigen Ehrenvorsitzenden des Bezirks Unterfranken Nord sowie dem aktuellen Verbandsfachwart Schiedsrichterlehrwesen (VFW) und Verbandsschiedsrichterobmann des BTTV: Gestatten, Joachim Car!

Es begann mit der Übernahme einer WO-Pflicht

Car war mit 16 Jahren selbst noch ein Jugendlicher, als er sich bei seinem Heimatverein DJK Wörth am Main bereits als Jugendtrainer und -leiter engagierte. Nur zwei Jahre später ging es mit der „Schiedsrichterei“ los: „Als 1975 im Verein ein Pflicht-Schiedsrichter gemäß Wettspielordnung des BTTV gesucht wurde, habe ich meine Bereitschaft dazu erklärt. Die zweitägige Ausbildung im Sportheim des ESV Aschaffenburg durch die damaligen Lehrwarte Helmut Schleicher und Karlheinz Hertwich war ein echtes Erlebnis. Dass das der Beginn einer fast fünf Jahrzehnten andauernden Schiedsrichter-Laufbahn sein würde, konnte ich mir damals nicht vorstellen." Keiner der damaligen Azubi-Kollegen ist heute noch dabei. Car blieb am Ball und absolvierte nach und nach weitere Ausbildungen und Lizenzprüfungen: Seit 1995 ist er auch Nationaler Schiedsrichter, seit 2002 Internationaler Schiedsrichter und seit 2010 Nationaler Oberschiedsrichter. Eine persönliche Statistik über seine Einsätze bei Welt- und Europameisterschaften, German Open, regionalen und überregionalen Turnieren und Mannschaftswettkämpfen führt Car nicht. Die Zahl müsste aber „in die Tausende“ gehen. Einige davon sind ihm freilich mehr als andere in Erinnerung geblieben: „Mein persönliches Highlight war sicherlich die Leitung des Endspiels der Herren zwischen Bastian Steger und Dimitrij Ovtcharov im Rahmen der Nationalen Deutschen Meisterschaften 2011 in Bamberg vor ca. 3000 Zuschauern in einer Center-Court-Atmosphäre und toller Stimmung auf den Zuschauerrängen. So macht Tischtennis allen Beteiligten Spaß. Drei Jahre später durfte ich im Rahmen der NDM 2014 in Wetzlar das Endspiel im Damen-Einzel leiten und habe in voller Halle eine ähnliche Begeisterung erlebt.“

Vom Lehrling zum Ausbilder

Schon als Verbandschiedsrichter wurde Car auch selbst zum Ausbilder: „Richard Kettemer, ehemaliger Internationaler Schiedsrichter aus Elfershausen und ein Arbeitskollege bei der Bundeswehr, hat mich 1991 motiviert, ins Schiedsrichter-Lehrteam des BTTV einzusteigen." Nach sechs Jahren als Lehrwart übernahm er 1997 als Verbandsfachwart die Leitung der Schiedsrichterausbildung im BTTV, die er mit dreijähriger Unterbrechung (2012-2015) bis heute innehat.

In diesem Ehrenamt ist Car für die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Schiedsrichter im BTTV zuständig, erarbeitet und schreibt das Ausbildungskonzept fort, erstellt die erforderlichen Lehr-, Lern- und Ausbildungsmittel und führt zusammen mit den Lehrwarten die Aus- und Fortbildungslehrgänge durch. Kein leichter Job. Das Hauptproblem sei, dass „die Schere zwischen den Ansprüchen einerseits und die für die Erfüllung der Ansprüche erforderlichen Ressourcen immer weiter auseinandergeht.“

Profi-Ansprüche an Hobby-Schiedsrichter

Die große Herausforderung besteht darin, quantitative und vermeintlich qualitative „Mängel“ gleichzeitig zu beheben, d.h. mehr UND besser ausgebildete Unparteiische hervorbringen: „Der Tischtennisspitzensport hat sich in den letzten Jahren durch die Einführung der TTBL bei den Herren, der eingleisigen 2. Bundesligen und der neuen 3. Bundesligen immer weiter professionalisiert. Die Schiedsrichterorganisationen in den Landesverbänden konnten diesen Weg bisher nur sehr eingeschränkt mitgehen. Der Tischtennis-Schiedsrichter – auch in den Bundesligen – ist ehrenamtlich tätig. Er versteht seinen Einsatz als Hobby, als freiwillige Bereitstellung seiner Freizeit für den Tischtennissport; und er betreibt dieses Hobby ohne ein Streben nach monetärer Belohnung oder gar Verdienst. Das ist der große Unterschied zum Profisportler. Unabhängig davon fordern aber die aktiven Tischtennisprofis und -trainer in den Bundesligen den überdurchschnittlich kompetenten, stets regelsicheren und entsprechend durchsetzungsfähigen Schiedsrichter. Dieses Anforderungsprofil können wir in einem zweitägigen Schiedsrichter-Crash-Kurs mit integrierter Prüfung nicht erreichen.“

Reformiertes Ausbildungssystem setzt auf flexibles und selbstgesteuertes Zeit- und Lernmanagement

Um die Qualität zu steigern, müsse mehr Zeit in die Ausbildung investiert werden. In der klassischen Form des Präsenzunterrichts an Wochenenden in der Freizeit, will und kann dies aber kaum noch jemand leisten. „Um auch Teilnehmer anzusprechen, die aufgrund ihrer persönlichen und beruflichen Situation allein für die Ausbildung keine drei oder vier Wochenenden aufbringen können oder wollen, haben wir unser Ausbildungssystem umgestellt und verstärkt computerunterstützte Lerninhalte in die Schiedsrichter-Ausbildung integriert, was ein flexibles und selbstgesteuertes Zeit- und Lernmanagement ermöglicht. Dieses Ausbildungsprogramm haben wir im Februar 2020 vielversprechend gestartet. Dann hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Turniere, die wir für die praktische Ausbildung am Tisch zwingend benötigen, fielen aus bzw. liefen Corona-bedingt ohne Schiedsrichter ab. Unser System brach wie ein Kartenhaus zusammen. Bis heute steht alles still. Die Frage wird sein, ob wir die bisherigen Teilnehmer nach Corona motivieren können, die Ausbildung wieder aufzunehmen. Leider haben im letzten Jahr zwei Mitglieder im Lehrteam ihre Mitarbeit beendet, was die Lösung unseres Problems noch mehr verschärft.“

„Einsatzleiter leisten die Hauptarbeit“

Neben dem Amt als VFW Schiedsrichterlehrwesen bekleidet Car seit 2011 auch das des Verbandsschiedsrichterobmanns. Als solcher repräsentiert er die derzeit etwa 300 Schiedsrichter im BTTV und in den Schiedsrichter-Gremien des DTTB, er koordiniert und überwacht die Arbeit im Fachbereich Schiedsrichter des BTTV und vertritt dessen Belange im Vorstand Sport. Im Fachbereich unterstützen ihn die Verbandsschiedsrichtereinsatzleiter (VSREL) der fünf BTTV-Verbandsbereiche sowie derzeit acht sogenannte Beisitzer Schiedsrichter-Einsatzleiter Ligen. „Die Hauptarbeit im operativen Bereich d.h. die Einsatzplanung und -steuerung leisten eindeutig die fünf VSRELs, die je nach Bedarf von jeweils bis zu drei Bezirksschiedsrichtereinsatzleitern (BSREL) unterstützt werden.“ Die VSRELs steuern die (Ober)Schiedsrichtereinsätze in ihrem Verbandsbereich, sie koordinieren die Arbeit der ihnen zugeordneten BSRELs und führen, betreuen und fördern die Schiedsrichter in ihrem Bereich.

Durch Offiziersberuf vielseitig „gerüstet“

Im „Hauptberuf“ ist Car nach Ende einer 40-jähriger Dienstzeit bei der Bundeswehr seit 2016 Pensionist. Nach dem Abitur 1977 leistete er am Standort Hammelburg zunächst seinen Wehrdienst ab. Auch hier folgte auf die Pflicht die freiwillige Verpflichtung. „Positiv beeinflusst von diesem Dienst fürs Vaterland entschloss ich mich die Laufbahn eines Panzergrenadieroffiziers einzuschlagen und habe diese Entscheidung nie bereut. Der Offiziersberuf ist anspruchsvoll, geistig und körperlich ausgesprochen fordernd, vielseitig und bietet spannende und abwechslungsreiche Tätigkeitsfelder. So habe ich in meiner 40-jährigen Berufslaufbahn zwölf verschiedene Verwendungen mit teils völlig unterschiedlichen Anforderungsprofilen durchlaufen. Da waren je nach Aufgabenstellung Führungskompetenz, Durchsetzungsvermögen, soziale Kompetenz, pädagogische Fähigkeiten gepaart mit methodischer Kompetenz, Innovationsfähigkeit und Kreativität gefordert. Diese Vielseitigkeit und Flexibilität hilft bzw. half mir sicherlich auch bei der Bewältigung meiner Ehrenamtsaufgaben im Verband und im Bezirk Unterfranken.“

Auf dem E-Mountainbike unterwegs 

Seine Freizeit verbringt der Oberstleutnant a.D. gerne auf dem E-Mountainbike „Seit einem Achillessehnenriss, den ich mir im Januar 2019 bei einem TT-Pokalspiel für meinen Verein SV Langendorf zugezogen habe, und mit zwei Arthrose geschädigten Kniegelenken bin ich leider nicht mehr so beweglich und sportlich sehr eingeschränkt. Da ich mit meiner Frau in der unmittelbaren Nähe der drei Mittelgebirge Rhön, Spessart und Vogelsberg wohne, haben wir uns vor einigen Jahren Mountainbikes angeschafft und durchstreifen auf diese Weise, wann immer möglich, die Flure und Wälder, genießen die Natur und die großartige Landschaft im Grenzbereich von Hessen und Bayern. Kurzurlaube und Städtereisen oft verbunden mit mehrtägigen Radtouren im Verlauf von deutschen Flusslandschaften runden unser Freizeitprogramm ab.“

Zwei Anliegen möchte Car an dieser Stelle unbedingt noch loswerden und diesen Wunsch erfüllen wir natürlich gerne:

Dank an die Schiedsrichter-Kollegen!  

Joachim Car: „Ich möchte mich an dieser Stelle persönlich und im Namen des Fachbereichs Schiedsrichter bei allen Schiedsrichterkolleginnen und Kollegen ganz herzlich bedanken, die in der Phase der Corona bedingten Einschränkungen von November bis April die Einsätze in der TTBL der Herren und in der 1. Bundesliga der Damen durch ihre überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft sichergestellt und dabei und ein hohes Maß an Zivilcourage gezeigt haben. Vielen Dank für Euer großartiges ehrenamtliches Engagement in schwierigen Zeiten.“

SCHIEDSRICHTER WERDEN - AUSBILDUNGSSTART JEDERZEIT MÖGLICH!

Wer sich für die Ausbildung zum Verbandsschiedsrichter interessiert, kann jederzeit in das Ausbildungsprogramm einsteigen. Der Ausbildungsgang beginnt für jede Neueinsteigerin oder jeden Neueinsteiger flexibel und angepasst an die individuelle zeitliche Verfügbarkeit und endet im Dezember bei den bayerischen Jugend-Meisterschaften mit der Lizenzprüfung.

Voraussetzungen für die Teilnahme: In erster Linie Freude am Tischtennissport, Interesse an der Schiedsrichtertätigkeit, sport-soziale Kompetenz, Verlässlichkeit, Disziplin und Teamfähigkeit, Besitz eines PC, Laptops oder Tablets mit Internetanschluss und (besonders wichtig) Bereitschaft zum selbstgesteuerten Lernen mit modernen Kommunikationsmedien.

Anmeldungen sind ab sofort beim Verbandsschiedsrichterobmann Joachim Car per E-Mail (j-car@bttv.de) möglich.

Folgende Angaben sind dabei wünschenswert: Name, Vorname, Geburtsdatum, Verein, Bezirk, Wohnort, telefonische Erreichbarkeit, E-Mail-Adresse, Funktionen im Verband bzw. Verein.

Die Leitung des Endspiels zwischen Bastian Steger und Dimitrij Ovtcharov im Rahmen der Nationalen Deutschen Meisterschaften 2011 gehört zu den persönlichen Highlights in Cars Schiedsrichter-Karriere. Fotos: privat
Mit Ehefrau Kerstin unterwegs auf dem Lahnradweg.

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